3. Irrtum

Das Tragen des Lodenmantels habe eine historische Bedeutung. In den kargen Jahren nach Ende des zweiten Weltkrieges, war das Tragen dieses Kleidungsstückes, sicher auch in Ermangelung anderer Kleidungsstücke, als sogenannte „Heimkehrerkleidung“ weit verbreitet. Diese geschichtlichen Tatsache, also im weitesten Sinne, mit dem Mantel bekleidet, nach langen Märschen wieder in seine Heimat gefunden zu haben, soll ausschlaggebend für die Namensfindung des Klein Ammenslebener Volksfestes „Lodenmantelrennen“ gewesen sein.

Ganz und gar nicht richtig. Zur der Namensgebung kam es im Zusammenhang damit, dass in Klein Ammensleben, nach langer Volksfestabstinenz (die letzten Volksfeste waren in den 60-er Jahren) in den achtziger Jahren der Ruf in der Bevölkerung immer stärker wurde, endlich mal wieder ein Volksfest im Ort zu veranstalten.

Die Mitglieder des ortsansässigen Dorf- und Jugendklubs befassten sich damals schon längerer Zeit mit diesem Thema und sannen über entsprechende Aktivitäten nach. Mit dem Wunsch nach einem Volksfest wurde die Idee in den Raum gestellt, ähnlich wie bei den schon seit 1977, als private Treffen ehemaliger Schul- und Studienkollegen am ortsnah gelegenen Fischteich, jährlich im Früsommer stattfindenden Fischteichspielen“, ein Fest mit lustigen Spielen durchzuführen. 

Eines Abends am Fischteich, in deren Runde auch Vertreter des damaligen Dorf- und Jugendklubs vertreten waren, kam nach langer Abwesenheit einer der Teilnehmer (Konrad Walkowiak) unerwartet vorbei. Bekleidet war er, wie auch viele der übrigen Teilnehmer der „Fischteichspiele“, zum Schutz vor den Anfang Juni nachts teilweise noch herrschenden kalten Temperaturen (Schafskälte) mit einem in Opa’s Kleiderkiste gefundenen Lodenmantel. Auf die nervenden Fragen der Anwesenden, wo er denn so spät noch her käme, kam eine kurze, schnippige Antwort. „Woher wohl? - Vom Lodenmantelrennen aus Ellersell.“ Alles lachte! Eigentlich über die Ortsbezeichnung „Ellersell“, weil kaum einer der Anwesenden etwas mit diesem Namen anfangen konnte. Das es den Ort wirklich gab (gibt) und nur unweit von Klein Ammensleben entfernt zu finden ist, war nur Wenigen bekannt.

Weit aus wichtiger als das Wissen um „Ellersell“ sollte aber für die Zukunft das Wissen um die Bedeutung der
Wortzusammensetzung „Lodenmantelrennen“ werden. Damals hat sich sicher niemand träumen lassen, dass ein belanglos dahin geworfener Satz, mit dem darin kreierten Wortgefüge, einmal Geschichte, zumindest Ortsgeschichte schreiben sollte.

Aber gerade dieser Satz war es, der den Grundstein für das „Lodenmantelrennen“ gelegt hat. Nur dieser Satz hatte gefehlt, um die, beim Dorf- und Jugendklub schon lange vorhandenen, verschiedensten Vorstellungen für ein Volksfest zu einem Gesamtkonzept zusammen zuweben.
Ein Volksfest, inhaltlich anders und neu, in unserer Region einmalig und markant sollte es werden und ist es geworden.
Die Namensfindung des Lodenmantelrennens hat also nichts mit Nachkriegsgeschichte zu tun. Lediglich über Opa’s Mantel, welcher die Vorlage für die Wortschöpfung war, hätte eventuell ein Anrecht darauf einen Bezug zu dieser Zeit herzustellen.